Sichtbarkeit als attraktiver Arbeitgeber
Was jetzt besonders für regionale Unternehmen wichtig ist.
Es gibt immer weniger Bewerber für immer mehr offene Stellen, Tendenz exponentiell steigend. Die Kunst, Bewerber auf sich aufmerksam zu machen und für sein Unternehmen zu begeistern, wird damit von der Kür zur Pflicht. Besonders für regionale Firmen ist es nicht immer einfach, neben starken Arbeitgebermarken, meist größeren Unternehmen und Konzernen, zu bestehen – zu groß scheint deren Präsenz und Anziehungskraft zu sein. Und doch haben regionale Arbeitgeber Einiges zu bieten, was für Arbeitnehmer immer wichtiger wird. Dazu gehört der Wunsch nach einem familiären Arbeitsumfeld mit wertschätzendem Umgang untereinander oder Heimatverbundenheit – Themen, bei denen regionale Arbeitgeber eindeutig punkten können.
Dieser Artikel gibt einen Überblick, wie Arbeitgeber jetzt vor allem online mit klugen Maßnahmen sichtbar werden und ihre Vorteile für Arbeitnehmer authentisch kommunizieren, um passende Talente zu gewinnen und Mitarbeitende zu binden.
Der Arbeitsmarkt steht Kopf. Will heißen, dass die Entwicklung vom Arbeitgeber- hin zum Arbeitnehmerfokus sich zuspitzt und es den Arbeitsmarkt, wie wir ihn aus den letzten Jahren kannten, sehr bald nicht mehr geben wird.
Die Wechselwilligkeit der Deutschen ist seit der Pandemie enorm gestiegen: Im Jahr 2020 planten zwei Drittel der Deutschen, in naher Zukunft den Arbeitgeber zu wechseln und sogar 90 Prozent der Befragten konnten sich vorstellen, bei interessanten Angeboten die Branche zu wechseln (stepstone 2020). Die Zahl der offenen Stellen steigt seitdem ungebremst, im Vergleich zum letzten Jahr haben im Januar 2022 die Jobangebote in Form von Stellenausschreibungen bei Stepstone um 41 Prozent zugenommen.

Außerdem wird die konsequente Investition in die Arbeitgebermarke immer mehr zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. So gesehen birgt die Umwälzung des Arbeitsmarktes tolle Chancen für Arbeitgeber, die sich trauen, neue Wege zu gehen und mit klar kommunizierter Positionierung zu sich selbst zu stehen. Lassen Sie uns schauen, wie Unternehmen diese Anforderungen und Herausforderungen für sich nutzen und dies sichtbar machen können.
Arbeitgeber-Qualitäten sichtbar machen
Viele Firmen, vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) definieren sich über ihre Leistungen und konzentrieren sich darauf, ihre Unternehmensmarke zu etablieren. Kunden bringen schließlich den Umsatz und werden entsprechend hofiert. Doch zunehmend reift die Erkenntnis, dass Mitarbeitende mindestens genauso wichtig sind. Denn in naher Zukunft werden Unternehmen scheitern, nicht weil sie keine Kunden haben, sondern weil sie nicht die richtigen Mitarbeiter überzeugen können.
Trotzdem wird das Thema Arbeitgebermarke häufig noch erschreckend stiefmütterlich behandelt, in dem Glauben, dass die Bekanntheit eines Unternehmens durch eine gute Markenpositionierung ausreicht, um attraktiv genug zu sein. Doch Bewerbende wollen genau wissen, warum es sich für sie lohnt, bei einem Unternehmen zu arbeiten. Und genau hier liegt der Hund begraben: Bewerbende wissen oft nichts von den Qualitäten eines Unternehmens als Arbeitgeber – entweder, weil das Unternehmen seine Qualitäten selbst nicht genau benennen kann oder weil Unternehmen ihre Arbeitgeberqualitäten als Selbstverständlichkeit ansehen und sie nicht transparent für die Zielgruppen aufbereiten und kommunizieren.
Was bei Bewerbenden begehrt ist
Transparenz und Klarheit
Bewerbende wollen schnell und unkompliziert sehen, welche Vorteile ihnen ein Unternehmen bieten kann. Diese Benefits müssen klar kommuniziert und ohne großes Suchen zugänglich sein. Finden Kandidaten Informationen zur Arbeitgeberqualität nicht sofort, verlieren sie schnell das Interesse und sind weg. Erschwerend kommt hinzu, dass manche Benefits heute als Standard angesehen und schlicht und einfach vorausgesetzt werden wie zum Beispiel Obstkorb, Getränke oder Jobticket. Solche Benefits gehören inzwischen zu den sogenannten Hygienefaktoren, können also höchstens Unzufriedenheit verhindern, aber Kandidaten nicht mehr begeistern. Das Zünglein an der Waage sind inzwischen Leistungen, die nicht nur die Arbeit, sondern das ganze Leben verbessern, entsprechend dem neuen Verständnis, dass Arbeitgeber auch für das persönliche Wohlergehen ihrer Mitarbeiter Verantwortung tragen. Laut einer Studie (personio 2022, Der große Wertewandel) sind Benefits rund um „Familie und Work-Life-Balance“ sowie „Gesundheitsprogramme“ echte Motivatoren und haben am meisten Anziehungskraft.
Unternehmen müssen sich deshalb die Mühe machen, Benefits anzubieten, die sowohl zur eigenen Unternehmenskultur passen als auch für die Bewerbenden relevant sind. Und da je nach Lebenszyklus eines Kandidaten unterschiedliche Mitarbeiterangebote anziehend wirken, sollten Unternehmen ein entsprechendes Benefit-Bündel im Gepäck haben, um zielgruppenspezifisch überzeugen zu können.
3 TOP-Wünsche und Wechselgründe
Nicht verwunderlich also, dass sich laut einer aktuellen Studie (stepstone 2020) Mitarbeitende mehr Benefits in diesen Bereichen wünschen und dies als Anlass zum Jobwechsel nehmen:
- Besseres Gehalt und Mitarbeitervorteile
- Unternehmenskultur und gutes Betriebsklima
- Gestaltungsspielraum und Flexibilität (Weiterentwicklung, flexible Arbeitszeit und -ort)
- Sinnhaftigkeit der Arbeit
Authentizität
Mitarbeitende und Bewerbende erwarten viel von ihren Arbeitgebern. Das ist Unternehmen inzwischen bewusst und viele Arbeitgeber reagieren darauf mit einer Auflistung solcher Benefits, von denen sie glauben, dass diese von ihnen erwartet werden. Darin liegt die Gefahr, gleich zweimal in eine Falle zu tappen: Übliche Benefits, wie man sie überall lesen kann, locken niemanden hinter dem Ofen hervor. Außerdem unterliegt so mancher Arbeitgeber der Versuchung, begehrte Leistungen zu versprechen, deren Umsetzung im Unternehmen nicht gelebt werden. Hier handelt es sich meist um schwer messbare, emotionale oder soziale Faktoren wie Unternehmenskultur, Betriebsklima und vor allem sinnhaftes Arbeiten. Arbeitgeber müssen sich bewusst sein, was sie speziell zu bieten haben und welchen übergreifenden Unternehmenszweck zum Nutzen der Gesellschaft sie verfolgen. So zeichnen sie ein klares Bild vom Unternehmen, warum es sich lohnt, genau hier zu arbeiten und ziehen Kandidaten mit einem ähnlichen Wertesystem und einer ähnlichen Haltung an. Ein Gewinn für beide Seiten, und vor allem für das immer wichtigere Ziel, sinnhaftes Arbeiten zu ermöglichen.

10 Tipps für mehr Sichtbarkeit als Arbeitgeber
1. Google
Nichts Neues, aber leider doch noch oft vernachlässigt: Die Präsenz über Google, das Tool schlechthin für Sichtbarkeit im Netz. Über folgende Mechanismen bekommen Arbeitgeber mehr Reichweite und Aufmerksamkeit:
- Google Ads schalten mit pointierten Job-Ausschreibungen. Geschickt formuliert mit den richtigen Keywords, werden diese Anzeigen nur denjenigen ausgespielt, die entweder dieses Unternehmen oder bestimmte Jobmerkmale suchen.
- Eigene Stellenausschreibungen kompatibel für Google for Jobs machen durch klare, transparente Struktur in Sachen Stellentitel, Einsatzort und Formatierung. Auch hier gilt: Transparenz zahlt sich aus, möglichst auch durch Gehaltsangabe.
- Schalten der Stellenanzeigen auf Jobbörsen, die von Google hoch gerankt werden und beim Google for Jobs-Listing vorzugsweise angezeigt werden. Die beiden TOP-Stellenbörsen sind hier Indeed und Stepstone.
2. Suchmaschinen-Optimierung
3. Multiposting
4. Social Media Recruiting
5. Webseite und Karriereseite
Alles, was Sie in den Stellenausschreibungen versprechen, muss sich schnell und unkompliziert auf Ihrer Interseite wiederfinden. Aktualität ist dabei genauso wichtig wie inhaltliche Qualität.
- Stellen Sie übersichtlich und klar heraus, warum es sich lohnt, sich bei Ihnen zu bewerben. Begeistern Sie neben Daten & Fakten mit authentischen Geschichten, die emotional berühren.
- Machen Sie es dem Kandidaten einfach, indem er möglichst wenig klicken muss, um zum Ziel (der Bewerbung) zu kommen.
- Zeigen Sie Haltung und sagen Sie, für was Sie stehen – und für was Sie NICHT stehen. So ziehen Sie Menschen an, die zu Ihnen und Ihrer Unternehmenskultur passen und ähnliche Werte & Ziele haben.
6. Arbeitgeberbewertungen
7. Corporate Influencer
8. Mitarbeiter-Empfehlungsprogramme
9. Blogs und Vlogs
10. Events

Regeln für regionale Arbeitgeber
Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Diese regionalen, häufig noch inhabergeführten Familienunternehmen bilden zum großen Teil den Nachwuchs aus – rund 80 Prozent der Auszubildenden haben laut DMB (Deutscher Mittelstands-Bund) bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ihre Ausbildung absolviert – und haben in der Regel eine grundsolide finanzielle Basis, die Sicherheit gibt. Auch die Identifikation mit dem Arbeitgeber ist bei KMU meist höher, so dass die Fluktuation im Mittelstand mit 2,7 Prozent deutlich niedriger ist als bei Konzernen mit 7,3 Prozent (Der Mittelstand, BVMW 2019).
Die Stärken des Mittelstandes, die für Bewerbende und Mitarbeitender gleichermaßen wichtig sind, liegen in der menschlichen und regionalen Nähe, der Beständigkeit als Arbeitgeber, einer höheren Wirkungsmächtigkeit und größerem Entscheidungsspielraum durch flache Hierarchien. Darauf sollten mittelständische Unternehmen zusätzlich zu den zehn genannten Tipps achten, um mehr Sichtbarkeit als regionaler Arbeitgeber zu bekommen.
Regionale Netzwerke nutzen
KMU sollten sich auf die Suche machen nach regionalen Netzwerken, die meist ein Schwerpunktthema haben, aktuelle Bedarfe kennen und wertvolle Kontakte mit Unternehmen haben sowie deren Verknüpfung fördern. Ein Beispiel ist das regionale Ausbildungs-Netzwerk SAM4future in Bruchsal. Mit frischen Ideen und über langjährig gewachsene Kontakte in der Region bringen die HR-Experten von SAM Ausbildungsbetriebe und Azubis zusammen und fördern den regen Austausch zwischen Unternehmen, jungen Menschen, Eltern und Lehrern. Im Rahmen von regelmäßigen Netzwerk-Event (HR-Stammtisch) können regionale Unternehmen über neue Wege und Herausforderungen im HR- und Talentmanagent diskutieren und voneinander lernen, frei nach dem Motto „Gemeinsam geht’s besser“.
Mit regionalen Social-Media-Kanälen interagieren
Mit regionalen Gruppen auf Social Media in Aktion treten

Heute Trend – morgen Wirklichkeit?
Künstliche Intelligenz (KI) im Recruiting
KI gilt je nach Blickwinkel derzeit als Heilsbringer für effiziente HR-Arbeit oder wird als ethisch fragwürdige Methodik betrachtet. Spricht man heute von KI, sind in der Regel mehr oder weniger ausgefeilte Algorithmen gemeint, die bei der Personalgewinnung, der Personalauswahl oder beim Bewerbermanagement eingesetzt werden. Das können fest definierte Algorithmen sein, die automatisierte Bewertungen oder Entscheidungen durchführen, wie zum Beispiel Bewerbenden mit einer Fünf in Mathe abzusagen, oder lernende Algorithmen, die sich selbständig neuen Bedingungen anpassen können. Sogenannte intelligente KIs wären zum Beispiel die automatisierte Auswertung von Sprache, Mimik und Gestik zur Analyse von Persönlichkeitsmerkmalen. Bisher scheitern solche Systeme noch an einer vorurteilsfreien Objektivierbarkeit. Doch zukünftig werden sie sich so weiterentwickeln, bis sie transparent, nachvollziehbar und vollständig durch den Menschen kontrollierbar sind, damit sie schnell besser werden, indem sie passende Bewerbende mit passenden Jobs in passenden Unternehmen zusammenbringen.